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Montag, 20. Juni 2016

Istanbul # 4



Ich schlafe hier so gut wie schon lange nicht mehr. Die Kissen sind aber auch genau nach meinem Geschmack und ich hab so das Gefühl, als würde es morgens immer ein bisschen später.
Zwar hab ich viel Zeit, aber es gibt auch sehr viel zu sehen und auch dafür will ich ausreichend Musse einplanen. 

Heute folge ich dem Vorschlag aus dem Reiseführer, der für viele Stadtteile einen Spaziergang vorschlägt. Ausserdem frage ich an der Rezeption das nette Mädel, ob sie eine Ecke kennt, wo man Stoffe kaufen kann. Kennt sie und beschreibt es mir und liegt auch zufällig auf meinem Weg. Na super. Ich bin gespannt.
Zunächst gehe ich zur BEYAZIT Moschee, die von aussen schöner ist, als von innen. Die gleichen sich von aussen aber auch alle. Und deshalb werde ich auch künftig nicht mehr soviele fotografieren, die kann ich dann eh nicht mehr auseinanderhalten. Von dort geht es weiter durch den Bücherbasar, in dem es viel Antiquariat gibt, aber der Nähe zur Uni geschuldet, auch viele Fachbücher. Es ist schön ruhig hier und die kleinen Läden sind wie in einem Innenhof unter Bäumen. Schade, dass ich die Sprache nicht spreche geschweige denn lesen kann.
Dann in den Grossen Basar: Also das ist eine Anordnung von Läden, da blicke ich in 100 Jahren nicht durch und wahrscheinlich werden die Codes, wie man den Laden findet, von Generation zu Generation weitergegeben. Sonst würden die ja hier auch nicht mehr her finden. Die Lädchen mit Lampen, Gold, Keramik, Teppichen und Schals wechseln sich ab und das Gassengewirr scheint kein Ende zu nehmen. Es ist allein vom Gebäude her schon eine Augenweide mit den schönen Deckengewölben und den vielen Säulen.





 Manchmal heisst es nur „Yes“, mal „have a look to my shop“ oder das übliche „where are you from”. Aber im Prinzip lassen sie einen in Ruhe, was mich fast ein wenig wundert. Bis auf einen, der wirklich nur einen Tee mit „beautyfull woman“ trinken will (haha, der meint mich, da schaut Ihr) und da ich aber erst am Anfang meines Rundgangs bin, lehne ich dankend ab mit dem Hinweis, vielleicht später oder ein anderes Mal zu kommen (den würd ich sowieso nicht mehr finden) . Also charmant sind sie ja, die Kerle  und sollte ich tatsächlich noch mal vorbei kommen, werde ich der Einladung folgen und bin sicher, dass er versuchen wird, mir einen Teppich anzudrehen, aber da beisst er auf Granit.
Ich will den Ausgang MUSTAFA PASA finden, denn in dieser sich anschliessenden   soll es evtl. Stoffe geben. Bin schon sehr gespannt. Was es hier vor allem gibt, sind Festtagsgewaender in allen Varianten vom Kleinmaedchentraum ueber Hochzeitsträume, Kleidung für das Beschneidungsfest der Jungen 

o.k. der Platz ist nicht glücklich gewählt

 

und Galagarderobe mit Glitzer und Glamour und das in jedem der Läden, zwar abwechselnd, aber es gibt Hunderte davon. 


hier werden Mädchenträume wahr


 Ausserdem gehen überall noch Gässchen ab, auch diese Läden sind voll damit, Wahnsinn, was hier so an Gut umgeschlagen wird. Ich erspähe ein klitzekleines Stoflädchen und kaufe beim alten Männi 2 m von einem Blumenstoff. Der Anfang ist gemacht. Ich lasse mich einfach treiben und bin staunend fasziniert, was hier in diesem relativ kleinen Teil Istanbuls so umgeschlagen wird. Es gibt viele Grosshändler und ich kenne das auch aus Bangkok, aber es fasziniert mich immer wieder und immer wieder frage ich mich, wer jemals diese ganzen Dinge kauft. Und auch, wer die alle produziert. 

Überall werden Waren deponiert

Es gibt kleinere und grössere Läden mit Spitze vom Ballen bis unters Dach, andere Läden haben ausschliesslich Spitzenborten, wieder andere bieten Strass und Stoffrosen an, es gibt Knopfläden und Reissverschlussläden, mehrere Geschäfte mit nur Gürtelschnallen oder Blumenkränzen, Brautsträussen, einfach nicht zu fassen. Und es ist ein Gewusel von türkischen Menschen, die wenigen Touristen fallen regelrecht auf .   


Die Einheimischen kaufen hier aber auch ordentlich ein. Auch viele Männer sind dabei, hier herrscht halt noch das Patriachart, ich denke nicht, dass es der Spass am Shopping ist. Und es ist sauheiss. Zufällig sehe ich endlich mal einen Shop, der nur Modeschmuck anbietet, meinen Geschmack trifft  und ausserdem so billig ist, dass ich quasi gar nicht anders kann, als zuzuschlagen. Im Nachhinein denke ich mir dass ich den wohl nie wieder finden werde.Obwohl ich sicher noch mal hingewollt hätte und stelle nach ein paar unkoordinierten Runden fest,dass er um die Ecke beim Ägyptischen Basar ist, denn einige Zeit später stehe ich wieder davor.
Aber ein bisschen Kultur gibt’s heute auch noch und ich besuche die Süleymaniye  Moschee.




 Die ist von aussen und auch von innen wunderschön . Sie wurde vom gleichnamigen Sultan in Auftrag gegeben und die Bauzeit betrug 7 Jahre, sie gilt als das Meisterwerk des Architekten Sinan.  Auch hier ist der grösste Teil den Herren vorbehalten und da das Mittagsgebet naht, müssen alle Besucher raus, aber die Zeit hat gereicht, um alles ausgiebig in Augenschein zu nehmen . Aussen gibt es ein paar Lokale und ich mache Pause. Dann geht es wieder ins Getümmel und ich entdecke nun Stoffladen an Stoffladen. Das meiste ist ja nicht so der westliche Geschmack, aber bei einem ganz unscheinbaren und netten Herren finde ich 2 Leinenstoffe zu einem sensationell günstigen Preis. Der hat auch tolle Wollstoffe, aber ich lass es erst mal dabei. So langsam nähere ich mich dem Agyptischen Basar, was eindeutig am Duft zu erkennen ist. Die Orientierung ist genauso schwer wie beim Grossen Basar und ich hab irgendwie grad gar keinen Nerv dafür. Ausserdem kann ich nicht einschätzen, ob das Angebot günstig ist oder nicht. 





Ich bin doch oft überfordert mit diesem riesigen Angebot, die Hitze tut ihr Übriges und ich mache eine ausgedehnte Pause auf den Stufen der „Neuen Moschee“, die deshalb so heisst, weil sie eine Brandruine ersetzt.  Hier sitze ich erst mal ewig und betrachte mir das Volk. Immer mal kommt einer vorbei, der Wasser verkaufen will, oder ein klappriges Männlein mit Feuerzeugen oder Spielzeug. Und alle Frauen, die hier sitzen, haben eine oder mehrere Tüten um sich rumstehen.
Es ist noch Nachmittag und ich entschliesse mich für eine Besichtigung des Galataviertels mit dem markanten Turm. 




 Dazu nehme ich die S Bahn über die Galatabrücke und von dort die Tünelbahn, eine historische Strassenbahn, die im Tunnel die starke Steigung überwindet. Genau jetzt ist meine Istanbulkart alle aber ich lade sie recht unkompliziert am Automaten, dank deutschsprachiger Anleitung wieder auf.  Oben angekommen ist es eine total andere Atmosphäre: viele hippe Läden, fast nur junge Leute, viel Design und irgendwie sehr entspannt. Obwohl es im Gewühl auch nie hektisch war, aber halt eng. 


So langsam merke ich doch, dass die Batterie nachlässt und ich lasse mich in die grosse Istikal Cadesi treiben, wo ich doch tatsächlich ein Lokal für ein Bier finde. …… Diese Strasse ist aber nichts Besonderes, viele Modeketten, viele Schuhläden, halt wie in jeder Grossstadt die Fussgängerzone. Hier rattert aber eine alte Strassenbahn durch, das sieht sehr romantisch aus. Nach einer kurzen Verschnaufpause beschliesse ich, den Berg runter zu Fuss zu gehen und in Richtung Hotel zu fahren. Der Berg ist echt steil und ich bin froh, dass ich heute meine geschlossenen Schuhe anhabe. Sind eh schon 2 kleine Blasen durch die Flipflops entstanden. Ich schwitze wie Hölle und bewundere die Mädels, die in dicken Klamotten, weil verschleiert, total cool daher kommen. Oder ist es vielleicht so: was wärmt das kühlt auch?
Im Hotel kurz erfrischt gehe ich zum Restaurant vom ersten Abend: das sitzt man schön, es gibt kaltes Bier, ist hier um die Ecke und die Menschen sind sehr freundlich. 

Viel leckere heisse Luft
Ich komme mit einem belgischen Ehepaar ins Gespräch, die denken, dass ich Französin bin, weil mir gerade ein paar Brocken eingefallen sind, aber soviel ist auch nicht mehr vorhanden. Sie kommen seit 20 Jahren hierher, machen wohl immer auch eine Rundreise und haben das Auto dabei. Und nach 2 Bierchen trolle ich mich, damit ich mich mit meinem Tagebuch noch beschäftigen kann und dass ich die vielen Eindrücke noch verdauen kann.

Erkenntnis des Tages:

Istanbul ist dabei, für mich eine sehr ernstzunehmende Konkurrenz zu Bangkok zu werden und eine unglaublich tolle Stadt (die man in nur 3 h mit dem Flieger erreichen kann)

o.k. jeden Tag die gleiche Erkenntnis zu erlangen, ist auch nicht spannend, ich werde mich bessern


                                                                                      

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